Philosophieren

  • Hallo ich suche Leute, um ein wenig zu philosophieren :) Ich interessiere mich selbst sehr für Persönlichkeitsentwicklung. Ich leite das Ganze einfach mit einer Frage ein: Wird man auf einen Menschen wütend, wenn man Fehler an ihm entdeckt, die man auch an sich selbst unterbewusst feststellt?
    Ich freue mich auf eure Kommentare :)

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Ali,

    herzlich willkommen in unserer kleinen Runde. Ich hoffe, Du fühlst Dich wohl bei uns.

    Tja, ob man in so einem Fall auf einen Menschen wütend wird, das hängt meiner Meinung nach auf jeden Fall grundsätzlich davon ab, in wie weit man überhaupt zur Wut neigt. Und je nach "Eigenschaft/Fehler" könnte ich mir auch vorstellen, dass man sich eher mal schämt für den anderen (und damit auch für den eigenen Fehler?).

    Die schwerwiegendste und gefährlichste aller Resistenzbildungen ist immer noch die Faktenresistenz.

    Mia Paulsen, Uni München

    • Offizieller Beitrag

    Moin Ali, erstmal HALLO und herzlich Willkommen bei uns :)

    Hmm...
    Ein bisschen schnippisch:
    Wenn Du Zugriff auf dein Unterbewusstsein hast,
    würdest Du dich dies wohl nicht fragen...
    ...aber wie gesagt schnippisch ;)

    Ja...das Phänomen ist mir bekannt.
    Aber wie Labi schon sagte, liegt es am Einzelnen...
    ...am Individuum.

    Jeder Mensch hat eine Wut-Schwelle...eine individuelle Reizschwelle.


    Zu erkennen, dass (vermeintliche) Fehler bei anderen Menschen
    auch die eigenen sind, ist ein Schritt zur Selbsterkenntnis-
    der Selbstreflektion... das wäre m.E. kein Grund wütend zu werden,
    sondern eher ein Grund Verständnis zu entwickeln-
    auch für sich selbst.

  • Vielen Dank für die nette Begrüßung! :)

    Euer beide Punkte sind ganz richtig.
    Ich denke auch, dass das ein Schritt zur Selbsterkenntnis ist und man sogar stolz auf sich sein sollte. Solang man dies aber einsieht.
    Wir können das Ganze von Fehlern auf Gewohnheiten erweitern. Man sieht Gewohnheiten von anderen, die einen grundlos reizen oder wie man heute so schön sagt "triggern". Das ruht daher, dass man diese Seite an sich nicht akzeptiert denke ich.

  • Wir können das Ganze von Fehlern auf Gewohnheiten erweitern. Man sieht Gewohnheiten von anderen, die einen grundlos reizen oder wie man heute so schön sagt "triggern". Das ruht daher, dass man diese Seite an sich nicht akzeptiert denke ich.

    Ich denke, ganz so einfach ist diese Kausalität nicht. Wenn mir z.B. ein Mensch in seiner Art mit anderen Menschen umzugehen, unangenehm ist, dann heisst das nicht, dass ich diese Art auch "in mir" habe und an mir selbst nicht schätze. Oder wenn ich eine politische Einstellung eines anderen unerträglich finde, dann heisst das doch nicht, dass ich "heimlich" genauso denke. Ich denke, so einfach ist Psychologie nicht ;) Allerdings kann es sehr sinnvoll sein, wenn jemand einem total auf den Keks geht, zu hinterfragen, was das mit mir macht, ob da vielleicht etwas in mir angetriggert wird, das mir selbst noch unklar oder suspekt ist. Aber daraus eine stets gültige Kausalität zu zimmern, halte ich für fraglich.

    Willkommen...

  • Ich denke, ganz so einfach ist diese Kausalität nicht. Wenn mir z.B. ein Mensch in seiner Art mit anderen Menschen umzugehen, unangenehm ist, dann heisst das nicht, dass ich diese Art auch "in mir" habe und an mir selbst nicht schätze. Oder wenn ich eine politische Einstellung eines anderen unerträglich finde, dann heisst das doch nicht, dass ich "heimlich" genauso denke. Ich denke, so einfach ist Psychologie nicht ;) Allerdings kann es sehr sinnvoll sein, wenn jemand einem total auf den Keks geht, zu hinterfragen, was das mit mir macht, ob da vielleicht etwas in mir angetriggert wird, das mir selbst noch unklar oder suspekt ist. Aber daraus eine stets gültige Kausalität zu zimmern, halte ich für fraglich.
    Willkommen...

    Das ist komplett richtig! Ich wollte mit meiner Aussage das Alles auch nicht verallgemeinern, dieses Gebiet ist riesig. Aber worauf ich mich eben konzentrieren möchte ist es, wenn mich etwas "sinnlos" triggert. Also wenn es eigentlich keinen ersichtlichen Grund gibt. Natürlich zählt darunter nicht, dass ein Extremist vor mir den Nationalsozialismus anhimmelt oder mich ein Mensch gezielt nervt.
    Aber wenn ich mir die Frage stelle: Warum hat mich das genervt? Und dem sollte man zu Grunde gehen, um sich selbst weiterzuentwickeln. Man sagt ja auch, dass man einige Gewohnheiten oder Fehler nur sieht, weil man diese selber ausübt. Was meint ihr?

  • Man sagt ja auch, dass man einige Gewohnheiten oder Fehler nur sieht, weil man diese selber ausübt.

    Könnte es nicht eher so sein, dass man gewisse Fehler an sich erkennt, weil man sieht, dass andere sie ausüben? Aber wie dem auch sei, Fehler entstehen durch URSACHEN, und Ursachen haben FOLGEN. Das ist ein "Gemisch", von dem man meiner Erfahrung nach nur selten eindeutig entscheiden kann, was Ursache und was Folge war/ist.

  • Das stimmt wohl. Sicherlich ist das in jedem Kontext auch verschieden zu betrachten. Eine allgemeine Regel gibt es dafür nicht. Inwiefern kann man Fehler verzeihen? Wo ist die Grenze?

    • Offizieller Beitrag

    Auch hier ist es wieder so, dass es keine fixen Konventionen gibt.
    Der Eine verzeiht Fehler um Fehler - allerdings ganz häufig, durchaus aber nicht immer, nur den anderen -, während der Andere gerade bei seinen Mitmenschen unheimlich rumpingelt, sich selbst aber gar nicht sieht.
    "Warum siehst Du den Splitter im Auge Deines Bruders, den Balken in Deinem eigenen Auge aber siehst Du nicht?" Matthäus 7,3 ;)

  • Für den Verzeihenden gibt es keine feste Grenze, sie ist individuell.

    Ich verzeihe schnell und ohne grosses Trara. Eigentlich gibt es nur ein Geschehen in meinem Leben, das ich nicht verziehen habe, als ein Freund mich massiv hintergangen, belogen und ausgenutzt ist. Aber auch da kann ich nicht sagen, dass ich "nicht verziehen" habe, aber ich will mit diesem Menschen keinen Kontakt mehr, er ist mir seit mehr als 40 Jahren "egal" geworden.

    Wenn ein Mensch einen Fehler einsieht, und es ihm Leid tut, hat er meine Verzeihung. Er muss gar nicht extra darum bitten.

    Ich verzeihe mir selbst auch. Ich habe viele Fehler in meinem Leben gemacht, aber zumindest die Fehler, die anderen NICHT geschadet haben, habe ich noch nicht einmal bereut. Ich habe sie gemacht, ich kann es nicht ändern, lediglich die Folgen kann ich abmildern (sofern mein Fehlhandeln Folgen hatte), ansonsten: Non, je ne regrette rien... (Ein Chanson der wunderbaren Edith Piaf: "Nein, ich bereue nichts").

    Hier eine Aufnahme der schon sterbenskranken Piaf mit diesem wunderbaren Lied, das das Leben feiert und auffordert, nichts zu bereuen, das man aus Liebe oder Lebenslust getan hat:

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  • Für den Verzeihenden gibt es keine feste Grenze, sie ist individuell.

    Ich verzeihe schnell und ohne grosses Trara. Eigentlich gibt es nur ein Geschehen in meinem Leben, das ich nicht verziehen habe, als ein Freund mich massiv hintergangen, belogen und ausgenutzt ist. Aber auch da kann ich nicht sagen, dass ich "nicht verziehen" habe, aber ich will mit diesem Menschen keinen Kontakt mehr, er ist mir seit mehr als 40 Jahren "egal" geworden.

    Wenn ein Mensch einen Fehler einsieht, und es ihm Leid tut, hat er meine Verzeihung. Er muss gar nicht extra darum bitten.

    Ich verzeihe mir selbst auch. Ich habe viele Fehler in meinem Leben gemacht, aber zumindest die Fehler, die anderen NICHT geschadet haben, habe ich noch nicht einmal bereut. Ich habe sie gemacht, ich kann es nicht ändern, lediglich die Folgen kann ich abmildern (sofern mein Fehlhandeln Folgen hatte), ansonsten: Non, je ne regrette rien... (Ein Chanson der wunderbaren Edith Piaf: "Nein, ich bereue nichts").

    Ich finde es unglaublich wichtig was du da sagst. Jemandem nicht zu verzeihen raubt einem die Energie. Jedes mal wenn du an ihn denkst, du möchtest nicht an seiner Gesellschaft teilnehmen usw. Deswegen ist es so wichtig ihm zu verzeihen, nämlich damit du selbst weitermachen kannst. Man tut sich selbst nur gutes wenn man jemandem verzeiht. Man muss ihn nicht hassen, aber wie du sagst den Kontakt muss man manchmal abbrechen. Jemanden zu hassen ist anstrengend.

    Verzeihung ist der einzige Weg, vor allem sich selbst zu verzeihen ist von immenser Bedeutung.

  • "Nicht verzeihen" ist nicht nur eine Untugend, sondern hat auch etwas Überhebliches. Was bedeutet denn Kränkung? Es ist ein Angriff oder eine Verletzung auf unser "Ego", das wir als den Mittelpunkt unseres (des?) Lebens glauben. Aber wie wichtig ist das Ego wirklich? So wichtig, dass ein Angriff auf es mit lebenslangem Nichtverzeihen bestraft werden muss?

    Gruss

  • Ehrlich gesagt bin ich fasziniert von deinen Aussagen. Ich sehe es genauso wie du, du sprichst mir aus der Seele.

    Manche könnten Angst davor haben, dass ihr Ego angegriffen wird und anschließend ihr wahres Gesicht entblößt wird, das sie schwächer aussehen lässt.

  • Ich denke, das spielt auch mit hinein. Wobei ich mich immer frage, was das "wahre Gesicht" ist. Ist es das "Wahre Selbst" oder ist es das, was man "Charakter" nennt? Ich stehe dem Buddhismus nahe, und das sind Fragen, die mich seit Mitte der 80er Jahre beschäftigt. Ob es eine Antwort darauf gibt, kann man einfach nur offen lassen.

    Wenn "das Wahre Gesicht" der "authentische Charakter" ist, warum hat man dann so viel Angst davor, dass "man" ihn entdeckt?

    Wenn das "Wahre Gesicht" aber das "Wahre Selbst" ist, sollte man daran arbeiten, beides in Einklang zu bringen. Dann hat man auch keinen "Gesichtsverlust", wenn man mal Fehler begeht oder wenn man glaubt, ein anderer habe einen so verletzt, dass es dafür kein Verzeihen geben darf.

    Interessante Thematik...

    Schönes Wochenende

    Peter

  • Ich denke jeder von uns hat das "Wahre Selbst", was aber von unserem Charakter verdeckt wird, was jedoch nicht bedeutet, dass nicht auch der Charakter ein Teil vom Wahren Selbst ist.

    Diese Angst davor sein Wahres Ich zu entdecken ist real. Denn dann ist man komplett nackt in der Welt, man wird mit all seinen Schwächen konfrontiert und auch mit seinen Fehlern. Meine Eltern sagen mir schon immer ich soll "Ich selbst" sein, das ist schwer, denn seit man mit anderen Kindern in sozialen Kontakt tritt, begibt sich jeder in soziale Muster. Vielleicht steht man nicht zu seinen Hobbys oder gewissen Vorlieben, aus Angst andere würden sie verurteilen und so bauen wir eine Mauer um uns selbst und vergraben das Wahre Ich. Stellen wir uns eine Gesellschaft vor, in der wir wir selbst sein könnten, und das von Geburt an ohne zu irgendeiner Zeit verurteil zu werden.

    Mit dem Buddhismus habe ich mich noch nie intensiv beschäftigt, er hört sich aber sehr interessant an. Ich richte meine Denkansätze sehr stark nach dem Buch "Die Schule für Götter" und "Die 4 Versprechen (Autor: Don Miguel Ruiz)".

    Entschuldige die späte Antwort ich befinde mich gerade in der Klausurenphase :)

  • Meiner Überzeugung nach hat das Wahre Selbst nichts mit dem Charakter zu tun. Charakter etc. bilden sich aus Erfahrungen, sie sind schliesslich irgendwann einmal das "Ich", das "Ego", das empirische Ich. Ich unterscheide da sehr zwischen Ich oder Wahrem Ich auf der einen Seite und dem Wahren Selbst auf der anderen. "Ich" ist immer etwas Empirisches, eine Mischung aus Lernen, Wissen, Erfahrung, Fühlen, Denken usw. Für mich ist das Wahre Selbst aber der todlose Kern, das tiefe, unbeeinflussbare Wesen des Menschen (der Tiere, der Natur...), das immer schon da war und immer sein wird; dies in der Tiefe zu erkennen, ist für mich der Sinn meines Lebens. Aber natürlich ist das letztendlich Glaubenssache.

    Klausur? Schule? Uni? Ich bin neugierig...

  • Ich denke da sind wir der gleichen Meinung. Das Empirische Ich ist eine unglaublich gute Bezeichnung hierfür. Wie du bereits sagst wir bilden es durch unsere Erfahrung, seien sie negativ oder positiv. Und genauso denke ich auch, dass ein jeder von uns seinen Kern finden muss und, dass dies ein großer Teil dessen ist, was wir möglicherweise als Sinn des Lebens beschreiben.
    Es ist eben nötig alle Schichten abzulegen und die Hüllen zu brechen, um letztendlich an den Kern zu kommen.

    Ja, Uni. Ich bin im 5. Semester und studiere Lehramt für die Mittelschule :)

  • Es ist eben nötig alle Schichten abzulegen und die Hüllen zu brechen, um letztendlich an den Kern zu kommen.

    Ja. Und das ist eine Lebensaufgabe. Meiner Meinung nach geht das aber nicht mit dem Intellekt. Meditation und Kontemplation sind da meiner Erfahrung nach die besseren oder sagen wir: einfacheren Wege.

    Welche Fächerkombination hast Du?

    LG

    P.